Ein Stück über Liebe und Leidenschaft oder Wie Beethoven eine KI beeindruckte

Als am Morgen des 26.1.23 das Leipziger Gewandhaus seine Tore öffnete, strömte eine Heerschar an Primanern hinein und wurden von dem Glanz des Hauses begrüßt. Verschiedene Anzüge, Kleider und Accessoires wurden mit stolzgeschwellter Brust zur Schau getragen. Der Anlass dieses fröhlichen Zusammenkommens war das vom Gewandhausorchester Leipzig und der Musikschule „Johann Sebastian Bach“ veranstaltete Schülerkonzert, eine Möglichkeit, junge Menschen von klassischer Musik zu überzeugen. 

Dieses Jahr wurde dieses Unterfangen mit Beethovens 5. Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur op. 73, welche 1811 uraufgeführt wurde, versucht. Doch bevor die Show starten konnte, musste man sich – nach teils sehr langen Warteschlangen an der Garderobe – auf seinem Platz einfinden. Die Blicke schweiften durch den gigantischen Saal, vor uns auf der Bühne saßen die Künstler des Gewandhauses und in ihrer Mitte war ein Flügel positioniert. Das Licht dimmte ab und nur ein Lichtkegel ruhte auf dem Orchester. Die Eröffnungsmoderation wurde von Yannik Borchert durchgeführt, welche laut eigener Aussage in Teilen von einem Chatprogramm geschrieben wurde. Trotz dieses künstlichen Ursprungs fiel auf, wie sehr dieser Text von Beethoven schwärmte. Selbst ein Gedicht, welches Yannik Borchert vom Chatprogramm verlangte, um Negatives über die 5.Klaviersonate zu formulieren, endete in Lobeshymnen. Warum dieser neuzeitliche Einstieg? Borchert erklärte, dass eines von Beethovens Werken unvollendet blieb, weshalb Musikwissenschaftler mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ein Ende generieren wollten. Der Kontrast zwischen KI und klassischer Musik mag groß erscheinen, doch Wissenschaft definiert Grenzen neu, so wie Beethoven es selbst tat. Borcherts Ansatz war spannend, doch 20 Minuten Einleitung für ein 40 Minuten dauerndes Konzert? Zur Überleitung ergriff der Dirigent Omer Meir Wellber das Wort. Etwas zu sehr bemühte er sich, Sympathiepunkte bei uns zu sammeln. Einzelne Ausreiser wurden von ihm mit Humor ruhiggestellt. Nicht verhindern konnte er das Fallenlassen von Garderobenmarken. Durch die Akustik des Großen Saals störte dieses Geräusch immer wieder, insbesondere die leisen, gefühlvollen Passagen, die sich mit lauten, den ganzen Raum füllenden Klängen abwechselten. Das Orchester fand eine wunderbare Symbiose mit dem großartigen Pianisten Piotr Anderszewski. 

Gemeinsam diese Erfahrung zu machen und Kunst vor Ort zu erleben, halten wir für wichtig. Gerade in der heutigen, schnelllebigen Verfügbarkeit von Musikangeboten ist es beeindruckend, wie alte Werke nicht einfach einem Systemupdate weichen. Mit Konzentration zuhören, um das Werk, welches den Wunsch nach Freiheit und Frieden ausdrückt, wirklich erleben zu können, ist etwas Besonderes und eine lohnende Tradition des Beruflichen Gymnasiums am Beruflichen Schulzentrum Leipziger Land.

LKD BG/WG 21